Donnerstag, 18. April 2024

Was passiert mit den Schulden beim erben?

Weit verbreitet ist der Irrtum, dass man ein Erbe förmlich annehmen muss. Genau das Gegenteil ist jedoch der Fall. Hinterbliebene, die nicht innerhalb von 6 Wochen nach Eintritt des Erbfalls, bzw. Kenntnis vom Inhalt des Testamentes die Ausschlagung des Erbes vor dem Nachlassgericht oder einem Notar erklären, treten automatisch das Erbe an. Hierbei ist zu beachten, dass es nicht ausreicht die Ausschlagung per Telegramm, Brief oder FAX zu erklären.

Eine Erbschaft beschert dem Erben aber nicht immer nur Vermögenswerte, sondern oft genug auch Schulden. Mit dem Antritt des Erbes haftet der Erbe für alle bestehenden Verbindlichkeiten und zwar auch mit seinem eigenen Vermögen. Neben möglichen Schulden gehören zum Beispiel auch die Beerdigungskosten, Pflichtteilansprüche, eventuelle Pflichtteilsergänzungsansprüche, möglicherweise bestehende Unterhaltsansprüche, testamentarische Vermächtnisse, Kosten der Testamentseröffnung und die Erbschaftssteuer zu den Nachlassverbindlichkeiten. Nur bestimmte Teile des Erbes anzunehmen, andere dagegen nicht (z. B. Haus und Bargeld annehmen, Kreditschulden ablehnen), ist nicht möglich. Ein Erbe kann nur im Ganzen angenommen oder abgelehnt werden. Ob man eine Erbschaft annimmt oder nicht, muss daher gut überlegt sein.

Als Erbe ist man jedoch im Allgemeinen nicht in der Lage den gesamten Umfang der Nachlassverbindlichkeiten abzuschätzen, daher sollte vor der Entscheidung, ob man das Erbe ausschlägt oder nicht die Höhe der Verbindlichkeiten festgestellt werden.

Der Erbe hat hierzu verschiedene Möglichkeiten:

- Das Aufgebotsverfahren
Hierbei sind beim Nachlassgericht alle bekannten Nachlassgläubiger zu melden. Danach fordert das Gericht durch öffentliche Bekanntmachung alle Gläubiger auf sich binnen einer bestimmten Frist zu melden. Gläubiger, die erst danach ihre Ansprüche anmelden, haben keinen Anspruch darauf, aus dem Vermögen des Erbens befriedigt zu werden, falls der Nachlass nicht ausreicht.

- Die Erstellung eines Inventars
Ein Inventar ist die Aufstellung aller Vermögenswerte mit Wertangaben und aller Schulden und kann beim Nachlassgericht beantragt werden. Stellt sich dabei nun eine Überschuldung heraus, kann der Erbe die Nachlassverwaltung oder den Nachlasskonkurs beantragen und so seine Haftung gegenüber Gläubigern auch auf den Nachlass beschränken.

Stellt sich erst nach Annahme des Erbes heraus, dass dieses überschuldet ist, hat der Erbe jedoch noch einmal 6 Wochen Zeit die Erbschaftsannahme wegen Irrtums anzufechten. Auch hier gilt wieder, dass dies vor einem Notar oder zur Niederschrift vor dem Nachlassgericht erfolgen muss.

Eine abgelehnte Erbschaft fällt automatisch dem Nächsten in der Erbfolge zu (zum Beispiel den Kindern des Erben). Eltern, die ein Erbe ablehnen sollten dies daher unbedingt auch für ihre minderjährigen Kinder entsprechend verfügen.
 
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